Falls Sie schon viele Ratgeber-Bücher gelesen haben sollten, ist ihnen der Hype um das sogenannte Power-Posing sicherlich nicht entgangen. Auslöser für diesen Hype war ein mittlerweile fast 49 Millionen mal aufgerufener Ted-Vortrag der Forscherin Amy Cuddy, in welchem Sie die faszinierende Idee vorstellte, dass Menschen durch eine machtvolle Körperhaltung ihr Denken, Fühlen (man fühlt sich machtvoller) und sogar ihren Hormonhaushalt (mehr Testosteron) beeinflussen könnten. Unzählige Medien stürzten sich auf diese einfache wie geniale Idee. Kaum jemand machte sich jedoch die Mühe, nachfolgende Untersuchungen zum Thema Power-Posing zu lesen. Dies ist jedoch absolut fatal. Denn in der Wissenschaft gilt: Eine einzelne Pilotstudie ist zwar ein guter Anfang, sie muss jedoch auch durch Folgestudien bestätigt werden. Und dies war im Falle des Power Posings leider nicht der Fall. Denn es hagelte misslungene Replikationen (Cesario & Johnson, 2017; Garrison et al., 2016; Ranehill et al., 2015; Simmons & Simonsohn, 2017). Während sich in den Daten noch einige Hinweise darauf finden ließen, dass, wer eine machtvolle Körperhaltung einnimmt, sich danach tatsächlich etwas machtvoller fühlt (Gronau et al., 2017), ließen sich insbesondere die Ergebnisse für hormonelle Veränderungen (mehr Testosteron im Speichel) von anderen Forschern nicht bestätigen (Ranehill et al., 2015). Fataler ist jedoch die ernüchternde Erkenntnis, dass wohl auch die von vielen Ratgeber-Büchern und Internet-Blogs versprochenen Erfolge im zwischenmenschlichen Bereich ausbleiben. So ließen Cesario und Johnson (2017) Probanden beispielsweise zunächst einen Ausschnitt aus dem oben genannten Ted-Vortrag von Amy Cuddy schauen. In einem zweiten Schritt sollten Sie machtvolle Körperhaltungen einnehmen, um sich auf eine Verhandlung mit einem Versuchspartner vorzubereiten. Im Vergleich zu Versuchspersonen der Kontrollgruppe, schnitten sie bei den Verhandlungen jedoch in keiner Weise besser ab. Aufgrund dieser Ergebnisse kommen die Forscher zu dem Schluss, “dass Forscher damit aufhören sollten, Power-Posing als eine evidenzbasierte Strategie zur Verbesserung des eigenen Lebens zu empfehlen” (zitiert nach Cesario & Johnson 2017).

Fazit: Wer sich mal kurz mächtiger fühlen möchte, kann gerne mal Power Posing ausprobieren. Eine Lebensveränderung sollte man sich dadurch jedoch nicht erwarten…

Studien:

Cesario, J., Jonas, K. J., & Carney, D. R. (2017). CRSP special issue on power poses: what was the point and what did we learn?

Cesario, J., & Johnson, D. J. (2017). Power Poseur: Bodily Expansiveness Does Not Matter in Dyadic Interactions. Social Psychological and Personality Science, 1948550617725153.

Cuddy, A. J. C., Wilmuth, C. A., Yap, A. J., & Carney, D. R. (2015). Preparatory power posing affects nonverbal presence and job interview performance. Journal of Applied Psychology, 100, 1286–1295.

Cuddy, A. J., Schultz, S. J., & Fosse, N. E. (2018). P-Curving a More Comprehensive Body of Research on Postural Feedback Reveals Clear Evidential Value For Power-Posing Effects: Reply to Simmons and Simonsohn (2017). Psychological science29(4), 656-666.

Davis, M. L., Papini, S., Rosenfield, D., Roelofs, K., Kolb, S., Powers, M. B., & Smits, J. A. (2017). A randomized controlled study of power posing before public speaking exposure for social anxiety disorder: No evidence for augmentative effects. Journal of anxiety disorders52, 1-7.

Garrison, K. E., Tang, D., & Schmeichel, B. J. (2016). Embodying power: A preregistered replication and extension of the power pose effect. Social Psychological and Personality Science, 7, 623–630.

Gronau, Q. F., Van Erp, S., Heck, D. W., Cesario, J., Jonas, K. J., & Wagenmakers, E. J. (2017). A Bayesian model-averaged meta-analysis of the power pose effect with informed and default priors: The case of felt power. Comprehensive Results in Social Psychology, 2(1), 123-138.

Ranehill,  E., Dreber,  A., Johannesson,  M., Leiberg, S., Sul,  S., & Weber, R. A. (2015).  Assessing the robustness of power  posing: No effect on hormones and risk tolerance in a large sample of  men and women. Psychological science, 26, 653-656.

Simmons, J. P., & Simonsohn, U. (2017). Power posing: P-curving the evidence. Psychological Science, 1–7.